Stellungnahme UBT e.V. zum Spruchband „Bullenschweine raus aus den Stadien!“

Zum Heimspiel gegen den FC Bayern war in den letzten 15 Spielminuten ein Spruchband in der Heimkurve zu sehen, das im Nachgang durch die Geschäftsführung des FC Augsburg und die Deutsche Polizeigewerkschaft via Pressemitteilungen thematisiert wurde. Auch wir äußern uns nun, wollen die Debatte jedoch sachlich führen und dabei relevante Hintergründe nicht außer Acht lassen.

Die Ausdrucksform einer Kurve ist derber. Gesänge und Spruchbänder bieten nicht die ausführlichen Möglichkeiten eines Gesprächs oder einer Stellungnahme. So wird die Liebe zum eigenen Verein, Abneigung gegenüber dem Gegner oder Kritik in einer kurzen, prägnanten und dadurch oft zugespitzten Weise artikuliert. Dies trifft auch auf das Spruchband „Bullenschweine raus aus den Stadien“ zu. Anders als beim Heimspiel gegen Frankfurt vor zwei Monaten sorgt der gleiche Wortlaut nun jedoch für öffentliche Erregung. Dies bietet uns als Sprachorgan der Ulrich-Biesinger-Tribüne den Anlass, auf Entwicklungen einzugehen, die bereits seit längerem die Gemüter der Kurve erregen.

Selbstregulierung funktioniert

In Augsburg besteht seit vielen Jahren der Konsens einer polizeifreien Heimkurve. Dieses Einvernehmen wurde von FCA-Vertretenden, Fans und auch von der Augsburger Polizei getragen. Während dieser Zeit waren die Tribüne und ihre Freiflächen jedoch kein rechtsfreier Raum. Vergehen wurden und werden durch Behörden, Ämter und Vereinsführung geahndet. Vielmehr wurde die polizeifreie UBT von allen beteiligten Akteuren einerseits als funktionierendes Werkzeug für einen entspannten Ablauf begriffen. Andererseits wurde die UBT auch als Freiraum der Fans verstanden, der zeitgleich entsprechende Verantwortlichkeiten mit sich bringt. Probleme wurden selbstregulierend, kooperativ und kommunikativ durch den Ordnungsdienst, Fan-, Sicherheitsbeauftragte und die Fans selbst gelöst. Ein Einschreiten oder Hinzuziehen von Polizeikräften waren selten notwendig.

Das Gelingen dieses Erfolgsrezepts zeigte sich über etliche Jahre bei den FCA-Heimspielen. Es kam kaum zu nennenswerten Vorfällen oder Straftaten und so dürften verantwortliche Personen von ähnlich gut besuchten Großveranstaltungen neidisch ins Schwabenstadion schielen.
Das Ergebnis eines entspannten und stressfreien Stadionbesuchs stellte einen Mehrgewinn für alle Beteiligten dar.

Einseitige Aufkündigung

Bereits in der Rückrunde der abgelaufenen Saison zeigte sich außerhalb des Stadions ein immer größeres Polizeiaufgebot. Mit Beginn dieser Saison kündigte die Augsburger Polizei den über Jahre bestehenden Konsens einseitig und ohne Ankündigung auf. Seither zeigt sich den Fans hinter ihrer Tribüne ein Bild, das viele von Heimspielen nicht kennen. Eine Vielzahl an Einsatzkräften hält sich an neuralgischen Punkten rund um die Tribüne und am Fancorner auf, einem Treffpunkt für die Fanszene im Stadion. Diese Dauerpräsenz ist nicht nur nicht förderlich für einen entspannten Stadionbesuch, sowohl für Fans als auch für die Polizei selbst, sondern die Wirkung von martialisch aussehenden Einsatztruppen erzeugt ein Gefühl der Unsicherheit.

Ursachenforschung und Auswirkungen

Die Gründe für die Aufkündigung des Konsenses sind unklar. Der Einsatz von Pyrotechnik als Stilmittel der Fankurve auch bei Heimspielen scheint es nicht zu sein. Dieser Eindruck entstand aus Gesprächen der Augsburger Polizei mit Vereinsvertretenden. Hier schien jedoch eine gesteigerte Anzahl von Vorkommnissen außerhalb des Stadions durch die Polizei benannt worden zu sein.
Ein kausaler Zusammenhang zwischen vermeintlichen Vorkommnissen außerhalb des Stadions und der enormen Polizeipräsenz im Stadion erschließt sich dabei nicht. Vielmehr ist eine bundesweite Entwicklung zu beobachten, bei der er es zu immer schwerwiegenderen Vorfällen zwischen Polizeikräften und Fußballfans in Stadien kommt. Eine Entwicklung, die wir bereits aus der Zeit vor der WM 2006 in Deutschland kennen und die auch jetzt – mit Blick auf die bevorstehende EM – nicht zusammenhanglos scheint.

Ebenso nicht unbedeutend erscheint der Wechsel in der zuständigen Einsatzleitung. Während unter Vorgänger Kühnel bis vor einem Jahr die für alle Beteiligten positiven Zustände herrschten, änderte sich dies durch den personellen Wechsel hin zu Herrn Stangl.

Waren Vorfälle im Stadionbereich in der Vergangenheit kaum existent, hat sich dies in den letzten Monaten gewandelt. Eine Vielzahl an Spielen der Hinrunde war von Komplikationen im Heimbereich geprägt, die die Ulrich-Biesinger-Tribüne bis dato nie erlebte. Den bedenklichen Höhepunkt stellte das Heimspiel gegen Leverkusen dar.

Die Schuld bei einer Partei allein zu suchen, wäre falsch. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich rund um die UBT jedoch nur ein Parameter geändert – die Dauerpräsenz der Polizei. Das oftmals provokante und martialische, selten kommunikative Auftreten ist für viele Fans ein unerträglicher Zustand geworden. Dies kanalisierte sich erneut durch ein Spruchband, über dessen Wortwahl öffentlich diskutiert werden darf, über die Auslöser ist eine Diskussion längst überfällig.

Win-win statt lose-lose

Die FCA-Fanszene zeichnet sich durch ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Selbstregulation aus. Dies zeigte sich exemplarisch wieder bei einem Notarzteinsatz auf der Tribüne kurz vor Beginn des Heimspiels gegen den FC Bayern. Doch auch die seit Jahren eigenverantwortlich organisierten Sonderzüge, regelmäßige Tribünentreffs, Eigenverwaltung des Fancorners im Stadion, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Fanbetreuung und Ordnungsdienst bestätigen dies.

Der Stadionbesuch ist sicher und kann es auch wieder werden, einzig das unverständliche Agieren der neuen Augsburger Einsatzleitung bringt einen Unsicherheitsfaktor für alle Beteiligten ins Spiel. Eine neue Definition lang eingespielter Mechanismen braucht es nicht, das Rezept zum Erfolg ist bereits vorhanden. Der Stadionbesuch muss wieder zu einem entspannten für alle Beteiligten werden und von selbst erarbeitenden Freiräumen geprägt sein. Dies ist sicherlich ebenfalls ein Anliegen der Augsburger Einsatzleitung rund um Herrn Stangl.

Ulrich-Biesinger-Tribüne e.V.